Weinprobe der „Weinbruderschaft ad via regia A.D. 1670“ im Remisenkeller
Die historische Weinprobe im Remisenkeller, bei der die Gäste auf den Spuren von Johann Wolfgang von Goethe wandeln, kommt gut an. Nicht zuletzt wegen Thorsten Dietrich, der den Sekretär des Dichterfürsten mimt.
Scheppernd fliegt die Tür zum Remisenkeller auf. Ein imposanter Edelmann betritt den Raum im Brüder-Grimm-Haus und ergreift auch sogleich das Wort. Er, Johann Peter Eckermann, sei angereist, um an diesem Abend den Wissens- und vor allem den Weindurst der versammelten Menge zu stillen. Er sei der Sekretär des großen Johann Wolfgang von Goethe. Und er habe die besten Weine des Rheingaus mitgebracht, um sie hier im Remisenkeller zu Steinau zur Verkostung zu bringen. Sechs Sorten feinsten Rieslings und einen Spätburgunder habe er im Gepäck, allesamt die Lieblingsweine Goethes aus dem Rheingau.
Warum er, also Eckermann, durch die Weinverkostung führe, und nicht der große Meister selbst? Er sei, erklärt er, zusammen mit Goethe der Alchemie und damit der Suche nach dem Kraut des ewigen Lebens sehr zugetan gewesen. Leider habe aber nur er selbst, nicht aber Goethe das erfolgreiche Ende dieser Erforschung erlebt, sagt Eckermann, alias Thorsten Dietrich – und erntet damit die ersten Lacher im Publikum.
Dietrich, der Kapitelssprecher der Weinbruderschaft, führt durch den Abend und brilliert fast vier Stunden lang in der Rolle des Goethe-Sekretärs. Er glänzt mit historischem Wissen, als habe er die Zeit vor 200 Jahren tatsächlich erlebt. Und beeindruckt mit guter Weinkenntnis, als habe er seinerzeit selbst die edlen Tropfen genossen.
Doch auch wenn ihm das nicht vergönnt war, die Hingabe Goethes „durch viele Eigenversuche die Wirkung des Weines zu ergründen zu ersuchen“, teilt Dietrich nach eigenem Bekenntnis. In Vorbereitung auf die Weinprobe habe er alle Weingüter persönlich aufgesucht, um sich von der Qualität zu überzeugen. Für den kurzweiligen Auftritt spenden die 30 Gäste immer wieder Beifall.
Den ernten auch die Weine, die in einem „kultivierten Gelage in sieben Akten“ zum Ausschank kommen. Die sieben hochklassigen Weine aus Deutschlands besten Riesling-Anbaugebieten waren schon Goethes Favoriten, und sie finden auch an diesem Abend neue Anhänger. Zur Verkostung gibt es von Thorsten Dietrich profunde Anleitung nach der schon von Goethe praktizierten Formel C-O-S – also Color für Farbe, Odor für Duft und Sapor für Aroma.
„Soll denn doch getrunken sein, so trinke nur vom besten Wein!“ Trinksprüche dieser Art und viele andere dem Rebensaft zusprechende Zitate aus den Werken des Meisters gibt Thorsten Dietrich in der Rolle des Eckermann zum Besten. Währenddessen skizziert er Goethes Tour durch die angesehensten Weinlagen des Rheingaus. Auf seiner Reise dorthin kam Goethe am 27. Juli 1814 auch an Steinau vorbei. Das, so Dietrich, sei für die Weinbruderschaft Anlass und Motivation genug gewesen, der Leidenschaft des Dichters in Form der historischen Weinprobe einen Rahmen zu bieten. Doch bot diese am Ende viel mehr als nur ein genussvolles Wandeln auf Goethes Spuren. Dem Team der Weinbruderschaft ist es gelungen, in der gemütlichen Atmosphäre des Remisenkellers bei gutem Wein und Häppchen echte Gastlichkeit zu schaffen.
Ein Artikel der Kinzigtal Nachrichten / Von ROLAND BAUERNSCHUBERT