Der historische Weinanbau im Kinzigtal wird erforscht

Hasselroth-Niedermittlau (bak). Der Weinanbau in Steinau an der Straße stand im Mittelpunkt des Netzwerktreffens der Arbeitsgruppe Weinanbau von Heimatforschern im Main-Kinzig-Kreis. Die Heimatforscher aus verschiedenen Gemeinden schicken sich an, den Weinanbau im Kinzigtal in der Vergangenheit aufzuarbeiten.
Während die Geschichte des Weinanbaus in Gelnhausen und Steinau durch zahlreiche Dokumente bereits gut belegt ist, scheint die Recherchearbeit andernorts im Main-Kinzig-Kreis sehr viel schwieriger zu werden. Preußische Landvermesser verballhornten die mundartlich gefärbten Gemarkungsnamen, weil sie sie nicht verstanden. Das erschwert den Vergleich mit älteren Dokumenten und Karten zusätzlich. Bis zur Einführung amtlicher Karten gab es zudem Feldgemarkungen, deren Namen im Laufe der Zeit wechselten.
Die Moderatorin der Arbeitsgruppe, Anita Schuldt, freute sich mit Hans-Joachim Bier-Kruse einen Vertreter der Steinauer Weinbruderschaft begrüßen zu können. Die Weinbruderschaft im Rahmen des Geschichtsvereins Steinau hatte 2016 am historischen Weinberg einen Weingarten in Betrieb genommen. Anita Schuldt sieht dies als eine Anregung für andere Weinbergfreunde, zumal bei genauerem Hinschauen der Weinbau in der Region in früheren Zeiten eine große Rolle gespielt habe.

Fotos: Hans-Joachim Bier-Kruse berichtete Interessantes aus drei Weinanbauperioden in Steinau.


Hans-Joachim Bier-Kruse richtete mit seinem bebilderten Vortrag den Blick auf die lange Historie des Weinanbaus in der Brüder-Grimm-Stadt Steinau. 
Überlebt haben am Steinauer Weinberg historische Weinstöcke aus der letzten von drei Weinanbauperioden. Die mehr als 200 Jahre alten Reben ranken sich in einem Holzbirnenbaum in die Höhe und tragen Jahr für Jahr Früchte in luftiger Höhe. Sie sind mittlerweile auch als Naturdenkmal ausgewiesen. 
Erstmals urkundlich erwähnt ist der Steinauer Wein im Jahr 1319, als Erzbischof Peter von Main für das Kanonikerstift St. Peter und Paul drei Ohm Weinzehnten erhielt. Hatte es 1545 232 Weingärten in Steinau gegeben, so endete 1648 diese erste Steinauer Weinbauperiode aufgrund einer kleinen Eiszeit, in deren Folge mehrerer Missernten entstanden waren. 
1660 wurden die Weinberge wieder in Kultur gebracht. Doch 1720 musste der Weinanbau wiederum aufgrund von Missernten aufgegeben werden.
Dass der Steinauer Wein nicht so schlecht gewesen sein kann, bezeugt eine Aussage des Abtes Lotichius, der seinem Freund Melchior Kling über den Hundsrücker Wein schrieb: „Zuerst gehet er sanft ein, dann aber gewinnt er Kraft und feiert wunderbarliche Trimphe.“
1821 pflanzt Johannes Menge wieder erste Weinreben am Steinauer Weinberg. Für das Jahr 1825 brachte die erste Weinlese jeweils einen halben Ohm (ein Ohm circa 150 Liter) roten und weißen Wein.
1833 bauen bereits 150 Steinauer Bürger in der Hauptsache Riesling an. Doch als 1836 bis 1841 wieder vier Missernten auftreten, endet auch diese dritte Weinbauperiode in Steinau.
Hans-Joachim Bier-Kruse hatte einen Steinauer Krausen mitgebracht. Das dem historischen Original nachempfundene Trinkgefäß aus gebranntem Ton soll unter anderem auch als Schlagwerkzeug für körperliche Auseinandersetzungen genutzt worden sein.
Die Steinauer Weingärten waren einst an insgesamt 18 Gemarkungen rund um die Stadt angesiedelt. Am Weinberg in der Gemarkung Hühnerpfad sind noch heute im Wald Streifenäcker mit Basaltlesesteinen zu sehen, die ehemalige Pflanzflächen einfassen.
In Gelnhausen sind noch Weinbergsmäuerchen erhalten, wodurch die Lage ehemaliger Weingärten belegt ist. 
Die Daten, die die Heimatforscher in ihren einzelnen Gemeinden erheben und sammeln, sollen in den kommenden Wochen und Monaten zusammengeführt werden. Ein nächstes Treffen ist für Anfang Mai geplant.

Historische Karte mit grün markierten Weinanbaugebieten um Steinau

Ein Artikel der Geldhäuser Neue Zeitung. Text und Bilder Barbara Kruse