Ein Artikel der „Gelnhäuser Neue Zeitung“
VON BARBARA KRUSE
Steinauer Weinberg nimmt Gestalt an
Hobbywinzer bepflanzen Grundstück mit jeweils 260 Weiß- und Todweinreben.
Erste Flaschen werden in drei Jahren gefüllt.
Über fünfhundert 40 Zentimeter tiefe Löcher sind gegraben, je 260 Regent-Rotweinreben und Phönix-Weißweinreben hineingesetzt. Nun sollen die Weinpflanzen der „Weinbruderschaft ad Via Regia“ am Steinauer Weinberg wachsen. Zwei bis drei Wochen nachdem Pflanztermin werden die ersten zarten Blättchen an den Reben erwartet. Das jedenfalls sagte Winzer Frank Dietrich aus Großkarlbach, der den künftigen Steinau Wein keltern wird, den fleißigen Jungwinzern voraus, die sich in einer Arbeitsgemeinschaft des Geschichtsvereins Steinau organisiert haben.
Geerntet werden kann in zwei Jahren, nach drei Jahren soll der erste komplette Ertrag zum Steinauer Wein gekeltert werden. Zuvor hatten die Mitglieder der Weinbruderschaft ad Via Regia jede Menge Löcher gebohrt, um den kleinen 1000 Quadratmeter umfassenden Weingarten mit einem Zaun vor Wildschweinen zu schützen. Die 162 Sticker an denen die beiden Drähte gespannt sind, an denen sich die Weinreben künftig entlanghangeln sollen, mussten in tiefen Löchern verankert werden. Zusätzlich sorgen Erdanker für die Standfestigkeit.
Der Kopf der Weinbruderschaft Thorsten Dietrich ist stolz darauf, dass die Gruppe die erste Genehmigung für Hobbywinzer erhalten habe, die seit Neuesten eine Fläche von bis zu 1000 Quadratmeter umfassen dürfe. Zuvor waren es lediglich 100 Quadratmeter gewesen, die von Hobbywinzern bewirtschaftet werden konnten. Der in 25 Parzellen aufgeteilte Weinberg wird von 25 Weinbrüdern betreut.
„Die geologische Beschaffenheit des Bodens mit 350 Millionen Jahre alten Rotschiefer, auf dem 240 Millionen Jahre alten Muschelkalk ruht, ist für Weinbau hervorragend geeignet“, freut sich Thorsten Dietrich. Vereinzelt hätten die Weinbrüder sogar Vulkanbomben aus dem Vulkanausbruch im Vogelsberg gefunden.
Beim Graben der Löcher am Weinberg machte den Weinbrüdern der feuchte, schwere Lehmboden ganz schön zu schaffen. AmWochenende ebneten sie mit Hacke, Schaufel und Rechen das Gelände weiterhin ein. Außerdem mussten sie etliche Schubkarren voller Steine aus dem bepflanzen Gelände transportieren.
Bald sollen noch Rosen im Weinberg angepflanzt werden. Denn diese gelten als Frühindikatoren für Blattlausbefall und Mehltau. Eine Mistel ist bereits geplant. Die historische, von den Römern nach Germanien eingeführte Pflanze soll Wildinsekten anlocken, ebenso wie das in derNachbarschaft gepflanzte Mandelbäumchen. „Hinzu kommt noch eine Weinbergquitte“, verrät Thorsten Dietrich. Auch ein großes Insektenhotel sei bereits fertig und werde bald aufgestellt werden.
Nach dem dritten Jahr werde zudem eine Begrünung zwischen den Rebstöcken vorgenommen.
Für das kommende Jahr ist zusätzlich die Pflanzung von Riesling vorgesehen. Dieser werde derzeit aus zwei überlebenden historischen Weinstöcken von 1820 veredelt. Dies sei eine wohl einzigartige Rarität, so Dietrich.
Die Weinbruderschaft ad Via Regie möchte ihren Weinbau biodynamisch betreiben. Auf chemische Mittel soll in der Bewirtschaftung also verzichtet werden. Zur Düngung werde ein Hornmistpräparat eingebracht. Auch sollen günstige Mondphasen beachtet werden.
gern denkt Thorsten Dietrich an den Ostersamstag des vergangenen Jahres zurück. Damals war er gemeinsam mit Oskar Müller bei der Grundstückseigentümern Marie Herchenröder vorstellig geworden. „Es war ein wahrer Glücksfall, dass wir dieses Grundstück erwerben konnten“, freut sich Dietrich.
Zu beginn des Jahres war das Grundstück gepflügt worden.
Dabei kamen verschiedene Tonscherben zutage. Diese Funde wollen die Weinbrüder archäologisch untersuchen lassen. Sie erhoffen sich dadurch Aufschluss über Zeit und Art der Bewirtschaftung sowie darüber, wie wohlhabend die Ackerbürger damals in Steinau waren. Doch das ist schon wieder eine andere Geschichte.