Ein Artikel der Kinzigtal Nachrichten vom 12.04.2016

VON MARGIT STROTT-HEINRICH

Via Regia

Von Postkutschen und Herbergen
Hans-Joachim Knobeloch hält spannenden Vortrag über die Via Regia

Die Via Regia stand im Mittelpunkt eines Vortrags, den Hans-Joachim Knobeloch, Vorsitzender des Steinauer Geschichtsvereins, im Gasthaus Grüner Baum hielt. Die Via Regia, die königliche Straße, führt von Moskau nach Santiago de Compostella und „streift“ dabei auch Steinau.

„Der Geschichtsverein ruft und alle kommen“, freute sich Knobeloch über den vollen Saal. Das Interesse an der Thematik „Kulturroute des Europarates“ war groß. Vor dem eigentlichen Vortrag wurde ein Film von Angelika Knobeloch über die Sicherstellung des 25 Meter langen, einstigen Straßenstücks gezeigt. Dieses konnten Mitglieder des Bauhofs und des Geschichtsvereins vor einigen Jahren bei Arbeiten am Kinzigstausee sichern.

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Verlauf der Via Regia und Via Imperii in Europa; die längste ist die in Ost-West-Richtung zwischen Kiew (heutige Ukraine) bzw. Moskau und Santiago de Compostela (Spanien). Autor: Maximilian Dörrbecke / Wikipedia)

Zu Goethes Zeiten schafften Reisende pro Tag 30 Kilometer und so verwundert es kaum, dass auf der Strecke von Frankfurt nach Leipzig alle 30 Kilometer Beherbergungsbetriebe und Umspannstationen zu finden waren.

Knobeloch nahm die Geschichtsinteressierten mit auf eine spannende Reise durch Geschichte und Landschaft. Er zeigte die Schönheiten entlang der Via Regia auf. Aber er erinnerte auch an dunkle Zeiten der Geschichte, etwa am Beispiel von Lemberg, in dem im Dritten Reich anfangs noch zahlreiche Juden lebten. 150000 Menschen jüdischen Glaubens waren einst dort zuhause; 130000 von ihnen wurden in Konzentrationslagern vergast.

Weiter ging die Reise über Lublin im Osten Polens, das 1558 die Landeshauptstadt war, über Krakau, Breslau und Leipzig, eine der ersten Messestädte, die es je gab. Frankfurt war einst die Krönungsstätte der Kaiser und ebenfalls Messestadt. An der dortigen Steinernen Brücke wurden Todesstrafen vollzogen. Mainz lag nicht nur an der Handelsstraße, sondern hatte zudem noch als wichtigen Transportweg den Rhein zur Verfügung.

Steinau verfügte zu Hochzeiten der Handelsstraße über 35 Herbergen mit bis zu 30 Betten. Wie Knobeloch ausführte, konnten um 1820 zahlreiche Steinauer nicht lesen und schreiben. „Oft wurden Verträge von Frauen mit XXX unterschrieben“, sagte Knobeloch. Er erinnerte an Kriege und die Zeit, als Truppen durch die Stadt kamen. Die mussten verpflegt werden und nicht selten kam es vor, dass dann den Familien nichts mehr übrig blieb.

Kaiserliches Postamt Steinau 3
Kaiserliches Postamt Steinau

Die letzte Postkutsche fuhr 1925 in der heutigen Grimm-Stadt, die über ein kaiserliches Postamt verfügte.

In der jüngeren Geschichte gab es eine Zeit, als man Steinau „Staunau“ nennen konnte. Das war vor dem Bau der Autobahn, als sich der Verkehr noch auf der Bundesstraße 40 durch die Stad quälte.
Weitere Stationen waren Vacha, Eisenach, Erfurt und Weimar, in dem Goethe als Verkehrtsminister wirkte. Auf Bildern ging es auch nach Paris, Bordeaux, Santander und zuletzt nach Santiago de Compostela. Es war ein interessanter und kurzweiliger Vortrag, der die Zuhörer fesselte.

http://www.via-regia.org 
Beitragsbild oben und links: Hohe Straße, Blick auf die Kleine Loh oberhalb von Maintal.
https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Haselburg-Müller