Geschichtsverein zeigt Ausstellung über die Arbeit der Familie Merz in Steinau seit 1869
„Atmosphäre mit Ateliercharakter“ – das verspricht die neue Ausstellung des Steinauer Geschichtsvereins. Sie zeigt die Geschichte der Fotografie im Hause Foto-Merz seit ihrem Beginn im 19. Jahrhundert.
Großer Andrang herrschte in den Ausstellungsräumen des Steinauer Geschichtsvereins im Obergeschoss der Amtshofscheune bei der Vernissage zu der Ausstellung, die auch viele Steinauer Familien betrifft und deren Protagonisten die Steinauer über Generationen hinweg fotografisch „begleiteten“.
Konrad Merz, der letzte gewerblich fotografierende Namensträger dieser Familie, war passend zur Geschichte in seiner historischen Zunftkleidung des Katharinenmarktmeisters gekommen. Und natürlich hielt er die Gäste der
Ausstellung mit seiner Kamera fest. Viele lichtete er auch vor einer Atelierkulisse von 1870 ab. Genau das war auch auf einem Foto zu sehen, das die Großeltern von Hans-Joachim Knobeloch zeigt. Auch sie ließen sich im Atelier des Fotografen Merz fotografieren.
Knobeloch, Vorsitzender des Geschichtsvereins, gab Einblicke in den historischen Werdegang der Fotografen-Familie Merz und auch in die geschichtliche Entwicklung der Fotografie. Angefangen bei der Camera Obscura, über Leonardo da Vinci, der als Erster die Funktionsweise dieser Kamera deutete, bis hin zu den transportablen Kästen, die im 17. Jahrhundert weiterentwickelt wurden und eine Sensation auf Jahrmärkten waren.
Er berichtete über die Pioniere der Fotografie, Joseph Niépce, Louis Daguerre und Henry Fox Talbot, sowie die Weiterentwicklung der Fotografie, bevor er auf die Geschichte der Familie Merz einging, die 1869 in Steinau begann. 1798 kam die Buchbinderfamilie Merz nach Steinau, deren zweiter Sohn sich neben seinem Beruf für die Fotografie interessierte. Von einem Handwerksburschen, der beim „Milch-Lotz“ arbeitete und einen kameraähnlichen Kasten besaß, erlernte er die Fotografie. Er verdiente sein Geld mit Buchbinden und ersten Bildern aus der Kamera, die er dem Wanderburschen abkaufte und weiterentwickelte. 1881 errichtete er in der Poststraße sein erstes Atelier und kurz vor Beginn des 20. Jahrhunderts baute er sein Wohnhaus in der Brüder-Grimm-Straße am Untertor und besaß damit auch ein für damalige Verhältnisse sehr modernes Atelier.
Die Ausstellung dokumentiert die Arbeit der Fotografenfamilie Merz über vier Generationen hinweg. Sehr imposant ist eine alte Studiokamera, mit der bis in die 1960er Jahre fotografiert wurde, wie Konrad Merz erklärte. Er ließ die Ausstellungsbesucher wissen, dass sich zu früheren Zeiten die Fotografen Merz in Steinau und Freund in Schlüchtern ihre „Territorien“ aufgeteilt hatten. Er erklärte, dass eine spezielle Spiegelreflexkamera, die aus der Zeit vor dem Krieg stammte, nach dem Krieg vor den Besatzern gerettet wurde. Sie wurde kurzerhand in eine Stollwerck-Bonbon-Metallhülse in Öltuch verpackt und unter einer Häckselmaschine in einer Scheune versteckt.
Neben vielerlei fotografischen Geräten sind auch Alben mit alten Bildern aus der Zeit von 1920 bis 1970 zu sehen. Ein weiteres Exponat ist eine Urkunde von 1932, die dokumentiert, dass Konrad Merz I. in den „Weltkundendienst“ für AGFA-Produkte einbezogen ist und „stets alle Photofreunde über Photoartikel und -neuheiten bestens beraten kann“.
Die Ausstellung ist über das ganze Jahr hinweg an jedem ersten und dritten Sonntag eines Monats von 14 bis 17 Uhr in den Räumen des Geschichtsvereins im Obergeschoss des Museums Steinau zu sehen.
Ein Artikel der Kinzigtal Nachrichten
Von Margit Strott-Heinrich
Fotos von Koni Merz