von Barbara Kruse

Eine neue Ausstellung lädt in die Räume des Geschichtsvereins Steinau im Obergeschoss des Museums an der Straße ein. Sie zeigt Exponate der Steinauer Krugbäcker, lässt deren Historie und ihr Schaffen auferstehen. 

Die fein bemalten grau-blauen Krüge der Krugbäcker gingen, wie die Märchen der Brüder Grimm, durch in die ganze Welt. Sie waren ein wahrer Exportschlager. Das berichtete Martin Zell, der als Nachfahre der letzten Steinauer Steinzeugtöpfer von 1967 bis 1993 im Krugbau lebte. Er wusste auch zu berichten, dass die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm in Kassel noch Bucheckernöl aus Steinau in Krügen vom Krugbau bezogen hätten.

Für den Vorstand des Geschichtsvereins begrüßte Gerd Euler die Gäste der Ausstellungseröffnung: Die Krugbäcker seien in erster Linie Töpfer gewesen, deren Handwerk in der Stadt eine lange Tradition besaß und seit dem 15. Jahrhundert nachgewiesen sei. 

Die Nähe zu den Tongruben in der Umgebung und Lage an der Handelsstraße von Frankfurt nach Leipzig erleichterten den Töpfern sowohl die Beschaffung des Rohmaterials als auch den Absatz ihrer Waren.

Gegen Ende 18. Jahrhundert habe es hier 20 Töpfer gegeben, die irdene Ware herstellten. Die wurde mit einer Temperatur von 800 bis 900° gebrannt und brauchte eine Glasur, um den Scherben dicht zu machen, erläuterte Gerd Euler. 

Steinzeug hingegen wird mit einer Temperatur von 1200 bis 1300° gebrannt, was die produzierten Gegenstände härter und fester mache. Die Hanauer Grafen brauchten Steinzeugflaschen zur Abfüllung und Lagerung ihres Schwalheimer Mineralwassers aus ihrem Brunnen bei Blauheim. Sie suchten 1782 einen Weg, um satte Gewinne mit dem Abfüllen von Wasserflaschen in Steinau zu machen.

Wohnhaus, Werkstatt und ein großer Brennofen nördlich von Steinau im Eigentum der Hanauer Grafen sind als Krugbau bekannt. Man holte zwei Kannenbäcker-Familien aus dem Westerwald. Die produzierten Wasserflaschen erreichten jedoch nicht die nötige Qualität, obwohl in fünf nicht so erfolgreichen Jahren insgesamt 60.000 Flaschen geliefert wurden. Die Hanauer Grafen kündigten den Vertrag. 

In der Folgezeit waren die Steinauer Krugbäcker mit ihrem zweiten Standbein, der Herstellung von blaugrauem Haushaltsgeschirr bis weit über die Landesgrenzen hinaus erfolgreich. Anfangs seien filigrane Motive durch die Frauen eingeritzt worden. Später wurde überwiegend gemalt. Als später Glasgeschirr, Email- und Steingut in Mode kam, wurde auch diese Produktion 1870 eingestellt.

In Steinau betrieb die Kannenbäckerfamilie Euler im Anwesen Fischer an der Ecke Schiefer/Alte Straße vermutlich bis Anfang des 20. Jahrhunderts das Handwerk weiter. Der Brennofen wurde Ende der 50er Ofen abgerissen, nachdem er lange nicht mehr benutzt worden war. 

1935 starb Leonhard Euler als letzter Steinauer Krugbäcker.

Ideengeber zu dieser Ausstellung war Geschichtsvereinsmitglied Adolf Fuchs. An der Realisierung war zu Beginn noch der inzwischen verstorbene Museumsleiter Burkhard Kling beteiligt. Er steuerte zahlreiche Exponate aus dem Bestand des Museums bei und übergab diese an den Geschichtsverein. Leihgeber sind das Bergwinkelmuseum Schlüchtern, Gretchen Gliem geborene Euler, Rita Bender geborene Fischer und Rainer Geschwindner.

Wichtigster Leihgeber sowie hervorragender Ratgeber und Fachmann ist Martin Zell. Er habe vor 50 Jahren eine Scherbe im Garten gefunden, dessen blaue Farbe ihn in der Folge nicht mehr losließ. Er sammelte in der Folgezeit einen riesigen Scherbenhaufen an, habe aber keinen einzigen Krug besessen. Auch in Steinau im Museum habe es keinen einzigen Krug aus der Krugbauproduktion gegeben, ebensowenig wie die Krüge im Rathaus und Schloss zu Martin Zells Scherben passten. 

Das Heimatmuseum in Schlüchtern besitzt allerdings circa 25 dieser Krüge, die offenbar in die ganze Welt verkauft oder mitgenommen wurden. Inzwischen sei es nicht selten, dass Exponate in den USA angeboten würden, so Zell.

Martin Zell, der heute in Neuhof lebt, verfolgte das Ziel, irgendwann einmal eine Ausstellung zu organisieren.

Das Internet habe ihm die Möglichkeit geboten, die Krüge zu seinen im Garten gefundenen Scherben zu finden. Da sie nicht signiert sind, ist ihre Zuordnung schwierig und lediglich durch die  authentischen Scherben möglich.

Auch die Stadt Fulda besitze etliche der Krugbau-Krüge und stellte sie einst aus. Ein Ausstellungskatalog fasste Steinzeug aus Römershag, Oberbauch und Steinau zusammen.

In den Archiven des Vonderaumuseums im Keller und Köln stünden Krüge, Teller und weitere Gegenstände aus dem Steinauer Krugbau, ebenso in Kassel, Marburg, Würzburg. Oftmals würden die Krüge fälschlich dem Westerwald zugeordnet, berichtet Martin Zell.

Der Ton sei aus den Tongruben rund um Steinau gekommen, die blaue Farbe kam aus Schwarzenfels. 16. bis 20.000 Krüger wurden pro Jahr gebrannt, pro Brand etwa 4.000 Krüge aus 3.000 kg Ton.

Allerdings, alle Krüge, die nach 1870 gefertigt wurden, kommen nicht aus dem Krugbau selbst, sondern wurden in der Töpferei Euler in Steinau hergestellt.

Bürgermeister Christian Zimmermann lobte die Ausstellung des Geschichtsvereins und das ehrenamtliche Engagement: Heimatverbundenzeit sei eine wesentliche Grundlage für die Zukunft. So eine Ausstellung könne glücklich machen, bemerkte der Rathauschef. 

Leider ist der einstige Exportschlager in der ganzen Welt eher zu finden, als in Steinau selbst. bak